6.3.1. Lehrkräfte und Lehrmaterialien für den DFU

CLIL bedeutet also integriertes Fremdsprachen- und Sachfachlernen und DFU ist deutschsprachiger Fachunterricht mit Schülern, die Deutsch nicht als Muttersprache, sondern als Fremdsprache sprechen. DFU bietet die Möglichkeit für mitteilungsbezogene Kommunikation, da Inhalte und Sachverhalte im Vordergrund stehen und die Fremdsprache das Mittel zum Wissenserwerb ist. Der DFU ist eine Immersion, ein Eintauchen in die Fremdsprache. Die Themen sind interessant, die Sachkenntnisse spannend. Der Lerner ist sowohl sprachlich als auch fachlich etwas überfordert, denn komplexe Strukturen und viele unbekannte Wörter und Ausdrücke stehen von Anfang an in den zu behandelnden Texten. Im Gegensatz dazu beginnt der DaF-Unterricht mit einfachen Strukturen und einfachen Wörtern. Die Progression ist gut überlegt. Die einzelnen Kapitel bauen auf einander auf. Der Nachteil ist, dass die Inhalte häufig die Schüler unterfordern. Es gibt in Ungarn seit Ende des 19. Jhs. DaF-Unterricht und seit den 80er Jahren des 20. Jhs. bilinguale Schulen mit DFU. Die folgenden drei Typen werden im DFU praktiziert:
  • Die Unterrichtssprache ist durchgehend Deutsch
  • ein Teil des Faches wird in Spezialstunden auf Deutsch vermittelt
  • die Muttersprache und Fremdsprache werden im Modulsystem eingesetzt. Einige Themen werden auf Deutsch, andere auf Ungarisch behandelt.
Da die Schüler sich in der Fremdsprache die Sachkenntnisse aneignen, haben sie gleichzeitig Fachwissen anzueignen und ihre fremdsprachliche Kompetenz zu entwickeln. Das ist eine Herausforderung sowohl für den Lerner als auch für die Lehrkraft. Schwierigkeiten bereitet in Ungarn u.a. der Lehrbuch- und Lehrermangel. Eine deutschsprachige Lehrerausbildung für Sachfächer ist in Ungarn nicht vorhanden. So unterrichten häufig deutschsprechende Lehrer Sachfächer, die sie jedoch auf Ungarisch studiert haben. Wie können sich dann die Lehrkräfte die notwendige fachsprachliche Kompetenz aneignen? Zum Teil autodidaktisch und mit viel Enthusiasmus. Viele Praktizierende Fachlehrer bleiben keine „Einzelkämpfer" sondern beraten sich methodisch und terminologisch gegenseitig. Diese Form der Fortbildung belegt z. B. die Webseite der Fachgruppe für Physik, Mathematik und Informatik (http://www.uni-miskolc.hu/~dephyma/).
Ein weiteres gravierendes Problem entsteht durch die Lehrbücher. Die Lehrbücher unterstützen den Unterricht nicht unbedingt effektiv, denn sie sind in der Regel ungarische Lehrbücher, die ins Deutsche übersetzt wurden. Übersetzte Bücher berücksichtigen jedoch nicht, dass sich der Lerner die Fachkenntnisse nicht in der Muttersprache aneignet. Aufgaben, die explizit die sprachliche Kompetenz der Lerner schulen würden, fehlen in den übersetzten Büchern weitgehend. Bieten die Fachlehrer sprachliche Übungen an, gilt für diese: „Spracharbeit geht im Fachunterricht von der Sache aus" (Kruczinna 2009: 29). Einige Fachlehrer sind wiederum der Auffassung, dass getrennte sprachliche Übungen nicht notwendig wären. Mit den Sachkenntnissen würden die Lerner die Terminologie und die Sprachstrukturen implizit mitlernen.

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Listen Sie einige Aufgabentypen auf, die Sie dem Aufgabenblatt „Mathe-Fachsprachenseite” entnehmen. 


Welche Funktionen erfüllen die ausgewählten Aufgaben? (siehe: http://wikis.zum.de/dsd/index.php/Benutzer:Holger)


Ein Blick auf die Aufgabenblätter zur Schulung der terminologischen Kompetenz in Mathematik zeigt, dass das Aneignen der Fachausdrücke vermutlich nicht immer problemlos ist. Wir können exemplarisch sehen, dass mathematische Begriffe im Ungarischen und Deutschen häufig unterschiedlich bezeichnet werden, also nicht gleich motiviert sind. Folgendes Beispiel veranschaulicht dieses Phänomen. Das deutsche Äquivalent des Ungarischen „egyenes szög“ ist  „gestreckter Winkel“, also keine wortwörtliche Übersetzung. Beispiele zeigen, dass es bei Kollokationen unvorhersagbar ist, ob die Bestandteile in L1 und L2 äquivalent sind. So heißt es z. B. im Ungarischen „merőlegest állítani“ und im Deutschen „eine Senkrechte errichten“. Vollständig äquivalent sind jedoch z. B. „periodische Funktion“ und „periódikus függvény“.

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Sind die folgenden Kollokationspaare auf der Formebene vollständig äquivalent? Sind die Bestandteile im Ungarischen und Deutschen gleich motiviert?

eine gerade Zahl = páros szám

trigonometrische Funktionen = trigonometrikus függvények