6.5.3. Materialien im DaN-Unterricht

Deutschsprachige Nationalitätenschulen wurden in Ungarn Mitte des 20 Jh. wieder ins Leben gerufen. Gegenwärtig wird Deutsch als Minderheitensprache sowohl in Grundschulen als auch in weiterführenden Schulen angeboten. Zweisprachige Nationalitätenschulen von heute erstellen, so wie alle anderen Schulen, ihre spezifischen Erziehungsprogramme und Lehrpläne. Dabei berücksichtigen sie über die sprachliche und fachliche Kompetenzentwicklung hinaus die Entwicklung der Identität ihrer Schüler. Schulträger sind entweder die jeweiligen Gemeinden oder die Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen. Die Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen bringt seit 2004 die Zeitschrift „Deutsch revital. Pädagogische Zeitschrift für das ungarndeutsche Bildungswesen" heraus und gewährleistet so ein Diskussionsforum für ungarndeutsche Pädagogen. Die Schulen werden fachlich vom Ungarndeutschen Pädagogischen Institut betreut (www.udpi.hu).Schwierigkeiten bereitet jedoch nach wie vor der Mangel an geeigneten Unterrichtsmaterialien und an gut ausgebildeten Fachlehrern. Denn Fächer, wie z. B. Mathematik oder Geschichte kann man in Ungarn nur auf Ungarisch studieren. So sind in Nationalitätenschulen hohe Anforderungen an die Lehrer gestellt. Sie erstellen zum größten Teil selbst Unterrichtsmaterialien und bilden sich in der Unterrichtspraxis vorwiegend autodidaktisch zu deutschsprachigen Fachlehrern aus. Darüber hinaus unterstützen Lehrende von Nationalitätengymnasien die Schüler bei der Vorbereitung auf das „Deutsche Sprachdiplom". Mit dieser Prüfung erlangen die Schüler gleichzeitig den Zugang zu Universitäten im deutschsprachigen Raum, so ist sie ein wichtiges Ziel für viele Abiturienten. (zu Prüfungsmodalitäten siehe http://wikis.zum.de/dsd/index.php/Hauptseite ).

Im Fach Minderheitenkunde werden Geschichte, Brauchtum, Rechte und Organisationen der Ungarndeutschen thematisiert (sieh z. B. Frey 2011a, b). Lerner werden auch mit Dialekttexten konfrontiert. Volkskunde ist mit den anderen Fächern gleichgestellt und kann als Abiturfach gewählt werden. Inhalte der Minderheitenkunde können besonders effektiv in offenen Lernformen vermittelt werden. Einige Projektbeispiele sind Schülertheater, Feldforschung in ungarndeutschen Dörfern, Interviews mit verschleppten Personen, Museumsbesuche (z. B. Mecseknádasd), Schülerzeitung, etc.
 

iDevice ikon Aufgabe 14: Dialekttext

Didaktisieren Sie den folgenden Hörtext, gesprochen von Ránics László, für die Zielgruppe DaN-Gymnasiasten 10 Klasse:

 

Mögliche Aufgabentypen finden Sie in Frank/ Hock et al 2001: URL:http://sulinet.hu/oroksegtar/data/magyarorszagi_kisebbsegek/2009/nemetek/Geschichte_und_gegenwart_brauchtum_und_sprache.

Den standardsprachlichen Text können Sie hier lesen:

 

Die Besenbinder Leute

Es war einmal in einem kleinen, deutschen Dorf ein Mann und eine Frau. Die haben ihr Geld mit Besenbinden verdient. Jede Woche sind sie in die Nachbarsdörfer gegangen, um die Besen zu verkaufen. Ein Problem gab es nur. Die Frau war so dumm, dass man es nicht hat aushalten können. Eines Tages haben sie wieder fortgehen wollen. Der Mann hat schon alles zusammengepackt und gewartet und gewartet.

„Ja du bist immer noch nicht fertig? Das kann man gar nicht aushalten!

„Gleich, gleich bin ich fertig, warte noch ein bisschen!"

„Das kann ich nicht abwarten! Deswegen haben wir noch keinen Wagen, kein Pferd, weil ich immer auf dich warten muss. Mit dir kommt man nicht weit!"

„Sei nur schon einmal ruhig. Dann geh' eine Weile, ich komm' dir nach."

„Ich geh auch los! Aber sei nicht so dumm, wie letzte Woche, als du die Tür hast offen gelassen! Der Mann ist auch weggegangen. Die Frau ist langsam fertig geworden. Dann hat sie gehen wollen aber sie hat nicht mehr gewusst, was ihr Mann gesagt hat.

„Ja, was hat er gesagt? Was soll ich mit der Tür machen? Ich soll Acht geben, dass die Räuber nicht einbrechen? Gut, dann häng ich's ab und nehme sie mit. So ist sie auch mit der vorderen Tür schnell nach dem Mann gelaufen. Der war schon aus dem Dorf und hat sich umgeschaut.

„Ja was zum Teufel kommt da gewackelt? Das ist ja meine Frau! Aber was hat die auf dem Rücken? Die hat die Tür mitgebracht!"

Der Mann hat auf sie gewartet, weil der sich nicht hat vorstellen können, warum seine Frau die Tür auf dem Rücken mitbringt. Als sie dort war, hat er gefragt:

„Ja was hat du denn gemacht? Bist du ganz verrückt?"

„Ja ich habe die Tür mitgebracht, nicht dass die Räuber einbrechen."

„Na, jetzt müssen sie die Tür nicht aufbrechen, jetzt können sie hineinschlüpfen. Geh schnell nach Hause und trage die Tür nach Hause!"

Die Frau hat sich umgedreht und ist nach Hause gegangen. Dann hat sie wieder vor der Tür gestanden und hat wieder nicht gewusst was sie machen soll.

„Der hat gesagt, die Räuber schlüpfen hinein. Gut! Dann hänge ich die vordere Tür zurück und die hintere nehme ich mit."

So tat sie und ist wieder nach ihrem Mann gegangen. Der war schon im zweiten Dorf als er sah, seine Frau kommt und hat wieder etwas auf dem Rücken. Er hat auf sie gewartet und war so böse, dass er glaubte, er bringt seine Frau um. Wie sie hinkam, fragte er:

„Ja was hast du schon wieder gemacht? Nein, nein! Sag jetzt gar nichts! Jetzt musst du die Tür mitbringen! Wenn du so dumm bist, dann schlepp das schwere Ding auf deinem Rücken mit!"

So sind sie weitergegangen. Vorne der Mann mit den Besen, hinten die Frau mit der schweren Tür. Einmal sind sie in einen großen dunklen Wald gekommen aber sie haben nicht mit einander geredet, sie sind nur gegangen und gegangen. Auf einmal haben sie Lärm gehört.

„Pst, sei still und geh in die Hocke! Das sind jetzt bestimmt die Räuber. Hier hast du jetzt deine Dummheit! Wir müssen uns verstecken!"

„Ja wo soll ich mich mit der Tür verstecken?"

„Ich mache mir keine Sorgen! Mach, was du willst aber die Tür kannst du nicht ablegen! Schnell, steig auf den Baum, ansonsten sehen sie uns!"

„Mit der Tür?"

„Ja, ja mit der Tür! Wer so dumm ist, den geht's so!"

Die Räuber kamen auch und haben sich gerade unter den Baum hingesetzt, wo die beiden drauf waren. Die haben alles ‚ausgepackt' wo sie eingebrochen sind, das ganze Geld und Schmuck.

„Ich kann die Tür nicht mehr halten!"

„Sei ruhig und halte sie fest, weil ich weiß nicht was ich mit dir mache, wenn du sie fallen lässt!"

„Ich kann nicht mehr! Ich kann sie nicht länger halten!"

Die Tür fiel hinunter. Gerade auf den Kopf des Räuberhauptmannes. Der hatte gerade seine Zunge aus dem Mund und hat sie abgebissen. Der wollte (zu seinen Kameraden) sagen:

„Holt (sie) herab! Holt (sie) herab!" und der hat geschrieen: „Tal hinab, Tal hinab!" Daraufhin sind alle weggelaufen. Die beiden stiegen dann vom Baum und dann sprach die Frau:

„Na siehst Mann wie gut es ist, dass ich die Tür mitgebracht habe?"

Von dem Tag an waren die Besenbinder Leute sehr reich und haben nie mehr Besen binden müssen.